Von Gerhard Gorges
Zweimal schon stand er im Finale des Schachtennis-Events an der Oos, das bereits in der sechsten Auflage zum 3. Mal als “Offene Europameisterschaft†ausgeschrieben war. Im Kombinations-wettbewerb aus Denksport und körperlicher Motorik unterlag in den beiden Vorjahren der für den mit 35000 Mitgliedern größten brasilianschen Sportverein E.C.Pineiros-Sao Paulo startende Ex-Tennis-Profi Ricardo de Amorim Schütt den Spezialisten der Schachzunft. Im dritten Anlauf glückte – so die Worte von Turnierchef Yaroslav Skrokowski bei der Siegerehrung – “Brasilien†die Revanche für die weniger erfolgreichen “Ballzauberer am Zuckerhut†bei der Fußball-WM vor zwei Jahren im eigenen Land.
Zu den Favoriten zählten die beiden Großmeister Pavel Tregubov (RUS, li.) und der Niederländer Loek Van Wely
Gestartet war der mit über 2100 Elo ausgestattete Allrounder allerdings nur “mittelprächtigâ€. Drei Punkte aus sieben Partien nach der Schnellschachdisziplin deuteten auf Platz 16 liegend noch nicht auf eine spätere Spitzenplatzierung im 24 Teilnehmer umfassenden Tableau aus sieben Nationen hin. Auf den 64 Feldern setzten zunächst die Großmeister des Schachs die Akzente, allen voran der niederländische Weltklassespieler Loek Van Wely. Bis zur sechsten Runde beherrschte der ehemalige Top-Ten-Spieler der Welt die Verfolger nach Belieben , einschließlich der Sieger der beiden Vorjahre GM Andrej Orlov und GM Pavel Tregubov (beide Russland). Im “verflixten†siebten Spiel verdarb der Hamburger Landesligaspieler Christian Kalla allerdings sensationell die bis dahin makellose Bilanz des Topfavoriten. “Eiskalt†ergriff der Amateur die Chance seines Lebens einen Supergroßmeister zu schlagen und mit Rang Vier nach der “Halbzeit†seine eigenen Ambitionen zu unterstreichen.
Nur einen Spaziergang auf der Lichtentaler Allee, der Flaniermeile der “Belle Epoque†entfernt, tauschten am Nachmittag des ersten Tages die Recken die “angemessene Garderobe†im Schachzentrum der Kurstadt gegen die kurzen Hosen des “weißen Sports†auf der Tennisanlage “Rot-Weißâ€.
Auf den bestens gepflegten Courts des ältesten und einer der mitgliederstärksten deutschen Tennisclubs, lieferte sich am Tag Zwei die Konkurrenz heiße Duelle um den von der Volksbank Baden-Baden, der Bagirov-GmbH, sowie Provita gesponserten Preisfond.
Nunmehr zeigte sich Ricardo Schütt, gefolgt von Wolfgang Rützel (Burgsinn), Georgi Davidov (Rotenburg/Fulda) und Kai Schoenwolff (Hamburg) in seinem Element. Mit sieben Punkten “auf Sand†aus sieben Runden, gepaart mit drei Schachzählern überflügelte der Brasilianer nicht nur die Ballsportler.
Nach ausgeklügeltem Modus wurden die Finals aus einem Guss ausgespielt, nämlich einer Freiluft-Schachpartie mit 15 Minuten Bedenkzeit pro Spieler und Partie, jedoch unterbrochen nach 6 Spielminuten durch das Tennismatch in Abschnitten zu je 6 Punkten.
In der Vorschlussrunde setzte sich Ricardo gegen den Supergroßmeisterbesieger Kalla ebenso deutlich durch wie Vorjahressieger Pavel Tregubov gegen Wolfgang Rützel, der 2013 den Siegerpokal entgegennahm.
Im Finale zeigte sich Ricardo schachlich “besser ausgeschlafen†als am Vortag und bot dem Großmeister in einer beiderseits vorbereiteten Eröffnungsvariante mindestens Paroli. Beim Stand von 14-4 im Tennis zu Gunsten des Südamerikaners überzog der in Paris lebende russische Großmeister die Schachstellung und gab sich – auch auf seinem Terrain – per Handschlag geschlagen.
Vom Balkon des “Rundum-Restaurants Rosso-Bianco†sahen die Zuschauer eine Offene Europameisterschaft, die im nächsten Jahr ein Neuauflage erfährt.
Gesamtwertung
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Nachstehend die Finalpartie Ricardo Schutt – Pavel Tregubov, sowie der Geniestreich von Landesligaspieler Christian Kalla gegen Supergroßmeister Loek Van Wely aus der 7. Runde der Schnellschachdisziplin
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