Israelischer Schach-Großmeister deklassiert Konkurrenz / Turnier-Aus wegen nur 36 Anmeldungen
„Sag’ beim Abschied leise Servus“ – der Wiener Gassenhauer trifft das Geschehen beim Kuppenheimer 12-Stunden-Blitzturnier. Mit nur noch 36 Teilnehmern hat sich Deutschlands bekanntestes Nachtblitzturnier endgültig überlebt. Die 19. Auflage des Sparkassen-Cups war zugleich die letzte. Den Wettbewerb gewann Leonid Gofshtein souverän mit 3,5 Punkten Vorsprung vor dem Bulgaren Krassimir Rusew. Der israelische Großmeister verlor nur eine seiner 51 Partien mit fünf Minuten Bedenkzeit und remisierte lediglich vier Duelle –zwei davon ganz am Schluss, als sein Sieg bereits feststand. Der 54-Jährige ist nicht nur der älteste Sieger beim 12-Stunden-Blitz, sondern bot mit 48:3 Punkten gegen die erheblich jüngere Konkurrenz eine der stärksten Leistungen in der zu Ende gehenden Geschichte des legendären Turniers.
Hinter dem Internationalen Meister Rusew (44,5 Punkte) schob sich Stelios Halkias noch mit einem starken Endspurt auf Platz drei. Der Grieche kam auf 42,5 Zähler und verwies seinen Großmeister-Kollegen Henrik Teske (41,5) auf Rang vier. Der Bundesligaspieler vom TV Tegernsee war für Weltklassespieler Loek van Wely kurzfristig eingesprungen.
Caissa-Rochade Kuppenheim
Der Holländer wollte von Aserbaidschan aus online über www.Schach.de von Chessbase teilnehmen. Doch der Sieger der drei letzten Jahre musste mangels einer zuverlässigen Verbindung in Baku passen. Immerhin schaute van Wely des Nachts kurz doch auf dem Server vorbei. Lokalmatador Andreas Schenk (OSC Baden-Baden/40,5) wurde überraschend nur Fünfter vor der badischen Nachwuchshoffnung Andreas Heimann (SC Dreiländereck/38), Josef Gheng (HP Böblingen/37,5) und dem Franzosen Patrice Lerch (35).
Die Organisatoren der SG Caissa-Rochade Kuppenheim hatten schon in den Vorjahren erwogen, den Sparkassen-Cup nicht mehr auszurichten. Weil Schachspieler inzwischen zu jeder Tag- und Nachtzeit im Internet ihrem Hobby nachgehen können, ließ das Interesse beständig nach. Von bis zu 159 Teilnehmern zu Spitzenzeiten sank die Zahl 2006 auf 74. Dass die Anmeldungen auf 36 abstürzten, war jedoch schockierend für Markus Merklinger. „Obwohl wir gerne bis zum 20. Sparkassen-Cup weitergemacht hätten, macht es jetzt keinen Sinn mehr, das Turnier am Leben zu halten“, befand der Kuppenheimer Vereinspräsident angesichts der Pleite.
Aus der Not machte die Turnierleitung um Alexander Hatz eine Tugend: Zum Abschied spielten alle 36 Akteure in einem Rundenturnier gegeneinander. So kam jeder Teilnehmer in den Genuss von mehreren Partien mit Großmeistern. Die 17 Besten in dem stark besetzten Feld qualifizierten sich danach für die A-Gruppe, in der sich alle erneut maßen. Weil somit alle die gleichen Gegner hatten, verzichtete man nach Rücksprache mit den Favoriten auf das ursprünglich vorgesehene Playoff-Halbfinale und -Endspiel. In der B-Gruppe setzte sich der Dreisamtaler Andreas Groehn mit 29:22 Punkten durch. Angesichts der vielen Sachpreise, die die Sponsoren Chessbase und Edition Olms zur Verfügung gestellt hatten, bekam beim letzten Sparkassen-Cup immerhin jeder ein Präsent mit auf den Heimweg. Eine besondere Auszeichnung erfuhr Harald Klingenberg: Der Landesligaspieler von den Karlsruher SF hatte nur eines der 19 Marathon-Blitzturniere verpasst. Den Löwenanteil nahm jedoch Gofshtein mit nach Hause. Er kassierte für seinen klaren Sieg 450 Euro und ein Chessbase-Softwarepaket im Wert von 350 Euro. Rusew erhielt noch 350 Euro, Halkias 200 Euro. Ungeachtet der geringen Startgeld-Einnahmen von weniger als 600 Euro lobte die Caissa-Rochade Kuppenheim erneut Preise im Wert von mehr als 2500 Euro aus. Dass dies möglich blieb, ist der Sparkasse Gaggenau/Kuppenheim zu verdanken, die über viele Jahre und auch 2007 das 12-Stunden-Blitzturnier unterstützte.
Eine kleine Episode am Rande zum Abschluss: War es Zufall, dass beim letzten Turnier ein von Münchhausen mitspielte und den letzten Platz belegte? Es wäre interessant zu erfahren, wie der Baron von Münchhausen das Turnier noch am eigenen Schopfe aus dem Sumpf und dem Untergang herausgezogen hätte …
Endstand in der A-Gruppe beim Sparkassen-Cup nach 51 Blitzpartien (Vorrunde 35 Partien): 1. GM Leonid Gofshtein (Israel) 48 Punkte, 2. IM Krassimir Rusew (Bulgarien) 44,5, 3. GM Stelios Halkias (Griechenland) 42,5, 4. GM Henrik Teske (Tegernsee) 41,5, 5. IM Andreas Schenk (Baden-Baden) 40,5, 6. Andreas Heimann (Dreiländereck) 38, 7. Josef Gheng (Böblingen) 37,5, 8. Patrice Lerch 35, 9. Jean Netzer 32, 10. Maxime Aguettaz (alle Frankreich) 29,5, 11. Claudius Mehne (Mannheim-Lindenhof) 28,5, 12. Alexander Izrailev (Hannover) 26, 13. Rolf Holzinger (Leimen), Bernhard Lutz (Dreiländereck) je 24, 15. Frank Bellers (SK Herford), Olivier Wimmer (Frankreich) je 23,5, 17. H. Engelmann (Herne) 20,5.
Der nach der Vorrunde zehntplatzierte Martin Springmann (Slavija Karlsruhe; 22,5/35) verzichtete auf die Finalrunde.
Endstand in der B-Gruppe nach 50 Blitzpartien: 1. Andreas Groehn (Dreisamtal) 29, 2. Thomas Gauss (Conweiler) 27,5, 3. Slavko Krneta (Hermannsburg) 26,5, 4. Fredrik Polenz (Hannover) 26, 5. Klaus Bräunlin (Dreiländereck) 22,5, 6. Lothar Olzem (Hannover) 20,5, 7. Michael Pfau (Brombach), Enrico Krämer (Leimen) je 18, 9. Konstantin Volovik (Bielefeld) 16,5, 10. David Gauthier (Leimen) 14,5, 11. Ulrich Buttenmüller (Horben), Harald Klingenberg (Karlsruher SF) je 12,5, 13. Marvin Mrvicin (Lampertheim) 12, 14. Georg Klass (vereinslos) 11, 15. Klaus Rees (Horben) 10,5, 16. Jörg von Münchhausen (Ricklingen) 9.
Nach der Vorrunde stiegen Jens-Uwe Schmidt (Lahr) auf Platz 24 mit 13,5 Punkten und Hussain Chaltchi (Kuppenheim) auf Platz 32 mit 6,5 Punkten aus. (Hartmut Metz)