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Spielmann – Flamberg: weiß zieht und gewinnt |
Gründung 1910 in Karlsruhe / Weltkrieg beendet erstes großes Turnier in Mannheim
Von Hartmut Metz
Der Karlsruher Schachklub 1853 besteht bereits seit 157 Jahren. Weitere Traditionsvereine wie der Mannheimer SK 1865, der Heidelberger SK 1879 oder der Freiburger SK 1887 konstituierten sich ebenfalls schon im 19. Jahrhundert und zählen zum Teil bis heute zu den stärksten Klubs im Badener Land. Doch trotz der regen Kontakte untereinander und weiterer Gründungen – beispielsweise in Pforzheim, Neckargemünd, Bad Säckingen oder Bruchsal – dauerte es bis 1910, ehe der Badische Schachverband (BSV) ins Leben gerufen wurde. Am 8. Februar 1910 packten Vertreter der genannten Vereine das Thema endlich ernsthaft an. In Bruchsal, wo nächsten Samstag der Festakt des BSV zum 100. Geburtstag stattfindet, empfahl Max Eisinger die Bildung eines Komitees. Nach längerer Diskussion pflichteten die Delegierten bei. Am 8. Mai 1910 folgte im „Café Bauer“ in Karlsruhe die Gründungsversammlung. Bei dem vorgelegten Satzungsentwurf wurde die Erweiterung zu einem südwestdeutschen Bund vorgesehen – dieser hatte sich noch anno 1879 als zu schwach erwiesen, um mehr als vier Kongresse bis 1886 zu überleben. 355 Mitglieder in elf Klubs zählte der BSV zu Beginn. Der Mannheimer Wilhelm Gudehus wurde zum ersten Präsidenten gekürt. Den 1. Badischen Schachkongress 1911 in Karlsruhe gewann Andreas Duhm mit 4,5:0,5 Punkten, mit einem Zähler Rückstand folgte unter anderem der drittplatzierte Gudehus.
Beim zweiten Kongress 1913 in Heidelberg lag erneut der Karlsruher Duhm vorne. Den ersten Glanzpunkt des Turniergeschehens nach Gründung des BSV setzte der 19. Kongress des Deutschen Schachbundes 1914 in Mannheim – unter einem glücklichen Stern stand das mit Legenden gespickte Turnier allerdings nicht. Ungeachtet des Mordanschlags auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo am 28. Juni und der daraus resultierenden „Juli-Krise“ begann der Wettbewerb drei Wochen später am 20. Juli. Doch nach elf der 17 Runden musste der Kongress wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs abgebrochen werden.
Alexander Aljechin führte mit 9,5 Punkten vor Milan Vidmar (8,5) und Rudolf Spielmann (8), hatte aber noch das deutlich schwerste Restprogramm. Der spätere Weltmeister bekam dennoch das erste Preisgeld in Höhe von 1100 Mark (umgerechnet heute etwa 11 000 Euro) ausbezahlt – allerdings wurde der 22-Jährige wie die zehn anderen russischen Teilnehmer der verschiedenen Turniere plötzlich zum „feindlichen Ausländer“. Die Internierten kamen später nach Rastatt und dann nach Baden-Baden. Am Schluss landeten die Russen in Triberg. Jefim Bogoljubow lernte dort seine Frau kennen und blieb zeitlebens im Schwarzwald.
Ein spektakulärer Start gelang Spielmann mit vier Siegen. Gleich zum Auftakt überrollte der Wiener Alexander Flamberg in nur 15 Zügen.
[Site „Mannheim“]
[Date „1914.??.??“]
[Round „1“]
[White „Spielmann, Rudolf“]
[Black „Flamberg, Alexander Dawidowic“]
[Result „1-0“]
[ECO „C29“]
[Annotator „H. Metz“]
[PlyCount „29“]
[EventDate „1914.07.20“]
[SourceDate „2000.11.22“]
[WhiteTeam „Österreich“]
[BlackTeam „Russland“]
1. e4 e5 2. Nc3 Nf6 3. f4 d5 4. fxe5 Nxe4 5. Nf3 Bg4 6. Qe2 Nc5 $2 {
Ein schwacher Zug, nach dem Weiss doch Eroeffnungsvorteil erlangt.} (6… Nxc3
7. bxc3 {oder} (7. dxc3 {bescheren dem Anziehenden das leichtere Spiel im
Zentrum, ohne allerdings zunaechst viel zu haben.})) 7. d4 Bxf3 8. Qxf3 Qh4+ 9.
g3 {Spielmann spielt gewohnt aggressiv und scheut kein Opfer. Kleinmuetig fuer
einen Koenigsgambit-Spieler wie ihn waere} (9. Qf2 Qxf2+ 10. Kxf2 Ne6 11. Nxd5
c6 12. Nf4 Nxd4 13. c3 Nf5 14. Bd3 Bc5+ 15. Ke2 {mit klar besserem Spiel dank
des Raumvorteils und des Laeuferpaars – doch der Winer sucht lieber die
taktischen Verwicklungen.}) 9… Qxd4 10. Be3 $1 (10. Qxd5 Qxd5 11. Nxd5 Nba6
12. Bc4 c6 13. Nc3 $14) 10… Qxe5 11. O-O-O c6 12. Nxd5 $1 cxd5 13. Rxd5 $6 (
13. Bxc5 $1 {wickelt zwangslaeufig in ein gewonnenes Endspiel ab:} 13… Bxc5
14. Bb5+ Kf8 (14… Nc6 {kostet die Dame.} 15. Rhe1) 15. Rhe1 Qg5+ 16. Kb1 Nc6
17. Rxd5 Nd4 ({oder} 17… Qg6 18. Rxc5 Rc8 19. Qf4 h6 20. Bd3 Qf6 21. Qb4 $3
Qd6 (21… Nxb4 22. Rxc8+ Qd8 23. Rxd8#) 22. Qxb7 Rc7 23. Qa8+ Nd8 24. Rce5 g6
25. Re8+ Kg7 26. Rxh8 Kxh8 27. Re8+ Kg7 28. Qxd8) 18. Qe4 Qe7 19. Qxe7+ Bxe7
20. Rxd4 Bc5 21. Rd7 g6 22. Rf1 f5 23. Bc4 Be7 24. Re1 Re8 25. Rxb7 $18) 13…
Qe6 $2 (13… Qc7 14. Bb5+ Nc6 15. Bxc5 Bxc5 16. Rxc5 O-O 17. Bxc6 bxc6 18.
Qxc6 {kostet einen Bauern, doch Schwarz kann noch kaempfen.}) 14. Bc4 $1 {
Droht ein Abzugsschach des Turms nach d8 nebst Lxe6.} 14… Qe4 (14… Ncd7 15.
Re1 Nc6 16. Bf2 {buesst die schwarze Dame ein.}) 15. Bxc5 $3 (15. Bxc5 $3 {
Die Annahme des Damenopfers fuehrt zum Matt.} 15… Qxf3 16. Re1+ Be7 17. Rxe7+
Kf8 18. Rd8#) 1-0
Partiedownload (pgn)
Artikel in der Schachkolumne des Badischen Tagblatt vom 19.06.2010: